Altschaden / Vorschaden
-Falsche Angaben-
OLG DÜSSELDORF
06.02.2006
AZ: 1 U 148/05
1.) Der Geschädigte selbst kann kompatible Vorschäden nicht ersetzt verlangen,
wenn nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit (§ 287 ZPO) auszuschliessen
ist, dass sie bereits im Rahmen eines Vorschadens entstanden sind.
2.) Die Sachverständigenkosten sind dem Geschädigten grundsätzlich auch dann zu
ersetzen, wenn das Gutachten fehlerhaft ist.
Aus den Gründen: (...Wird nämlich ein Kfz in einem unfallvorgeschädigten Bereich
durch einen erneuten Unfall betroffen, bedarf es der Darlegung des Vorschadens
und dessen - nicht notwendig in einer Fachwerkstatt vorgenommener - zumindest
aber "§ 29 StVZO-konformen" Reparatur, da sich der Ersatzanspruch lediglich
auf den Ersatz derjenigen Kosten erstreckt, die zur Wiederherstellung des
vorbestehenden Zustandes erforderlich sind.
Der vorliegende Fall weist jedoch die Besonderheit auf, dass die Vorschäden
von den unfallbedingten Schäden, wie dies das LG im Einzelnen zutreffend
ausgeführt hat, klar abgrenzbar sind...).
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OLG MÜNCHEN
27.01.2006
AZ: 10 U 4904/05
In Fällen eines (zunächst) verschwiegenen, mit dem geltend gemachten Schaden
ganz oder teilweise deckungsgleichen Vorschadens besteht ein Ersatzanspruch
insoweit, als der geltend gemachte Zweitschaden technisch und rechnerisch eindeutig
von dem Vorschaden abgrenzbar ist.
Aus den Gründen: (...Das LG hat einen Anspruch des Klägers auf Ersatz seines
Unfallschadens zu Unrecht in vollem Umfang verneint.
Hinsichtlich der Schadenshöhe kommt dem Geschädigten grundsätzlich die Erleichterung
des § 287 ZPO zu Gute.
§ 287 ZPO entbindet aber nicht vollständig von der grundsätzlichen Beweislastverteilung
und erlaubt es nicht, zugunsten des Beweispflichtigen einen bestimmten Schadensverlauf
zu bejahen, wenn nach den festgestellten Einzeltatsachen "alles offen" bleibt oder
sich gar eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für das Gegenteil ergibt.
In Fällen eines verschwiegenen Vorschadens sind bei der Beweiswürdigung natürlich
strengere Maßstäbe anzulegen .
Daraus folgt für die Fälle eines (zunächst) verschwiegenen, mit dem geltend gemachten
Schaden ganz oder teilweise deckungsgleichen Vorschadens, dass ein Ersatzanspruch
nur insoweit besteht, als der geltend gemachte Zweitschaden technisch und rechnerisch
eindeutig von dem Vorschaden abgrenzbar ist...).
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OLG BRANDENBURG
17.03.2005
AZ: 12 U 163/04
Keine Erstattung teilweiser Beschädigungen, wenn kompatible Altschäden nicht
differenziert werden können.
Aus den Gründen: (...Kann dabei nicht ausgeschlossen werden, dass die von dem
Sachverständigen A... festgestellten Schäden auch bereits durch die unstreitigen
Vorschäden verursacht worden sein können, kann der Kläger selbst kompatible Schäden,
d.h. solche Schäden, die an sich durch die Kollision mit dem von dem Beklagten zu
1. gesteuerten Pkw entstanden sein können, nicht ersetzt verlangen.
So liegt der Fall hier.
Dem Kläger ist der Nachweis nicht gelungen, dass Schäden gleicher Art und im
gleichen Umfange nicht schon früher vorhanden waren.
Er hat den Umfang des nach seinen Angaben am 17.02.2001 entstandenen Vorschadens
nicht schlüssig und insbesondere nicht von den insgesamt nach dem Unfall
vom 21.02.2001 festgestellten Schäden abgrenzbar dargelegt.
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KG BERLIN
01.03.2004
AZ: 12 U 96/03
Es besteht kein Anspruch auf Ersatz von Kosten für privates Sachverständigengutachten,
wenn der Geschädigte gegenüber dem Sachverständigen - reparierte - Vorschäden
verschwiegen hat und dieser daraufhin einen unzutreffenden Wiederbeschaffungswert
schätzt.
Aus den Gründen: (...die Gutachterkosten gehören zum Herstellungsaufwand und der
Sachverständige ist nicht Erfüllungsgehilfe des Gläubigers, so dass ein etwaiges
Verschulden des Sachverständigen dem Geschädigten nicht ohne weiteres zugerechnet
werden kann.
Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn der Geschädigte die Unbrauchbarkeit des
Gutachtens zu vertreten hat, sei es, weil ihn ein Auswahlverschulden trifft,
sei es, dass er ihm bekannte Vorschäden verschwiegen hat.
Hier ist davon auszugehen, dass der Klägerin die erheblichen Vorschäden bzw. Mängel
ihres Fahrzeuges bekannt waren.
Wenn sie diese dem Sachverständigen gleichwohl nicht mitgeteilt hat, muss sie sich
eine hieraus resultierende Unbrauchbarkeit des Gutachtens zur Schadensregulierung
zurechnen lassen, so dass ein Anspruch auf Erstattung der Gutachterkosten nicht
besteht.
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LG MÜNCHEN I
11.04.2005
AZ: 17 S-21294/04
Machen verschwiegene Altschäden mehr als ein Viertel des geltend gemachten
Reparaturumfangs aus, verliert der Anspruchsteller den gesamten Ersatzanspruch.
Aus den Gründen: (...Es ist dann davon auszugehen, dass auch kompatible Schäden
ganz oder teilweise durch einen vorausgegangenen Unfall verursacht worden sein
konnten bzw., dass kompatible Schäden bereits vorhandene Vorschäden "überdeckt"
haben.
Das Gericht verkennt nicht, dass nicht jeder nicht angegebene Vorschaden notwendig
zum Verlust des Kfz -Schadensersatzanspruchs fuhren muss.
Voraussetzung ist vielmehr, dass es sich um Altschäden von nicht unerheblichem
wirtschaftlichen Reparaturwert handelt.
Diese Unerheblichkeitsgrenze ist im vorliegenden Fall sehr wohl überschritten...).
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LG BREMEN
11.11.2004
AZ: 7 O 564/02
Ergibt sich nach einem Auffahrunfall, dass ein früherer Heckschaden des voran
fahrenden Autos nicht fachgerecht beseitigt worden ist, und kann der Halter dieses
Fahrzeugs keine konkreten Angaben zur Beseitigung des Vorschadens, etwa durch
Vorlage einer Rechnung machen, dann kann er auch nicht Ersatz eines Teils des
jetzt bestehenden Schadens verlangen, weil nicht festgestellt werden kann, in
welcher Höhe überhaupt Ersatz geschuldet wird.
Aus den Gründen: (...Die Klägerin kann auch nicht den Ersatz eines Teils des
Schadens verlangen, weil nicht festgestellt werden kann, in welcher Höhe überhaupt
Ersatz geschuldet ist.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist das Gutachten der DEKRA vom 17. 12. 2001
für die Schadensermittlung ungeeignet, weil Vorschäden nicht zu Grunde gelegt wurden.
Vorschäden sind deshalb von Bedeutung, weil sie einen Einfluss auf die Wertminderung,
den Wiederbeschaffungs- und Restwert eines Fahrzeugs haben.
Ist der Wiederbeschaffungswert und der Restwert unbekannt, dann lässt sich selbst
für Fahrzeugteile, welche keinen Vorschaden erlitten haben, nicht feststellen,
inwieweit entsprechende Beschädigungen zu ersetzen sind.
An alternativen Grundlagen zur Berechnung eines etwaigen Schadens der Klägerin
fehlt es, weil sie keine konkreten Angaben zur tatsächlichen Schadensbehebung
gemacht und auch keine Rechnungen vorgelegt hat...).
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LG PASSAU
06.07.2004
AZ: 1 O 515/03
Die Kosten für ein Privatgutachten sind dann nicht zu erstatten,
wenn der Auftraggeber dem Sachverständigen für die
Erstellung des Gutachtens wesentliche Angaben vorenthält und
somit der Sachverständige für die Ermittlung von
Ergebnissen von falschen Tatsachen ausgehen muss.
Aus den Gründen: (...Das Gutachten des Sachverständigen ist aus
mehreren Gründen objektiv nicht geeignet, den tatsächlichen
unfallbedingten Schaden und seine Höhe festzustellen.
Daraus ist dem Sachverständigen subjektiv jedoch kein Vorwurf zu
machen.
Dies vielmehr hat der Kläger allein zu verantworten und hieraus auch
die rechtsnachteiligen Folgen hinzunehmen.
Damit ist es hier nicht gerechtfertigt, das Risiko einer ungeeigneten
Schadensermittlung den Beklagten aufzubürden.
Die Fehlerhaftigkeit des Gutachtens kann hier ausnahmsweise dem
Geschädigten, also dem Kläger selbst entgegengehalten
werden, weil er seinem eigenen Privatgutachter wesentliche
Informationen über das Fahrzeug vorenthalten hat...).
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AG HERFORD
21.02.2005
AZ: 12 C 2005/03
Beauftragt der Geschädigte eines Verkehrsunfalles zur Bestimmung der
Höhe der Schäden einen Sachverständigen, ohne ihn auf die an
dieser Stelle vorhandenen Vorschäden hinzuweisen, verstösst
er gegen seine Aufklärungsobliegenheit.
Die Kosten für dieses Gutachten muss der Geschädigte deshalb
selber tragen.
Aus den Gründen: (...In Anbetracht der Tatsache, dass ausweislich
des Gutachtens der Kläger offensichtlich diesen Sachverständigen
pflichtwidrig nicht darauf hingewiesen hat, dass die Heckklappe
bereits erhebliche Vorschäden aufwies, ist das Gutachten
insgesamt wertlos.
Offensichtlich auch nach Auffassung des Klägers hatte dieser als
Unfallgeschädigter die Verpflichtung, den von ihm beauftragten
Sachverständigen über sämtliche Umstände in
Kenntnis zu setzen, welche für dessen Gutachten von Bedeutung
sind.
Diese Verpflichtung hat der Kläger offensichtlich nicht erfüllt.
Der Sachverständige hat in seinem schriftlichen Gutachten
aufgeführt, dass Vorschäden nicht vorlägen...).
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AG WESEL
24.05.2004
AZ: 27 C 280/03
Es besteht kein Erstattungsanspruch der Kosten für den Gutachter,
wenn der Betroffene Vorschäden am Fahrzeug nicht angegeben hat.
Aus den Gründen: (...Ist aber bewiesen, dass nicht alle
festgestellten Schäden auf das streitgegenständliche
Unfallgeschehen zurückzuführen sind und wurden diese
Altschäden vom Antragsteller auch nicht offengelegt, sondern das
Vorliegen von Vorschäden bestritten, besteht für den
Antragsteller auch kein Anspruch auf Ersatz derjenigen Schäden,
die durchaus Folge des Unfallereignisses sein können.
Denn es ist nicht auszuschliessen, dass auch diese kompatiblen Schäden
durch einen früheren Unfall oder sonstiges Ereignis verursacht
worden sind. Diese Bedenken hat die Klägerin auch nicht durch
schlüssigen Vortrag ausräumen können. Sie hat nicht
dargelegt, in welchem Umfang frühere Schäden an dem Pkw
vorhanden waren.
Ein Anspruch auf Ersatz der Gutachterkosten besteht für die Klägerin
ebenfalls nicht...).
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AG DÜSSELDORF
29.03.2004
AZ: 37 C 10791/02
Es besteht kein Anspruch auf Schadenersatz bei einem Verkehrsunfall mit
zwei Fahrzeugen, wenn der Anspruchsteller einen behaupteten
entstandenen Schaden nicht beweisen kann und er darüber hinaus
Vorschäden am eigenen Pkw verschwiegen hat.
Aus den Gründen: (...Der Kläger hat dem Sachverständigen
L. gegenüber erklärt, dass alle Schäden an seinem
Fahrzeug aus dem Schadensereignis stammten.
Das Fahrzeug wies jedoch im vorderen Bereich erhebliche
Lackbeschädigungen auf, wie sie unter anderem durch lange
Laufzeiten von über 100.000 km erklärbar sind.
Dem Sachverständigen P. hat der Kläger bei einer
Nachbesichtigung eingeräumt, dass es Vorschäden aufgrund
eines Parkunfalls gegeben hat. Mit diesen Angaben wird deutlich, dass
sich der Kläger widerspricht.
Allein dieses widersprüchliche Verhalten zeigt, dass der Kläger
mit der vorliegenden Klage einen Schadensumfang reklamiert, der so
nicht durch Gutachten belegt wird...).
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AG BERLIN-MITTE
13.10.2000
AZ: 101 C 3085/00
Keine Erstattung von Schadenersatzanspruch bei verschwiegenen Vorschäden.
Aus den Gründen: (...Für einen erheblichen Teil der Beschädigungen am klägerischen
Fahrzeug fehlt es an korrespondierenden Berührungsstellen am Beklagtenfahrzeug.
Bei diesem Sachverhalt scheidet ein Schadensersatzanspruch der Klägerin aus.
Es steht bereits aufgrund der vorliegenden Fotos fest, daß die Klägerin hier
unfallunabhängige Altschäden geltend macht.
Dies hat zur Folge, daß in Übereinstimmung der Rechtsprechung aller in Berlin
mit Verkehrssachen befaßten Gerichte ein Schadensersatzanspruch ausscheidet.
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BGH
17.01.2007
AZ: IV ZR 106/06
Der Versicherungsnehmer verletzt seine Obliegenheit gemäß Versicherungsvertrag,
wenn er bekannte Vorschäden verschweigt bzw. nicht angibt.
Erkenntnismöglichkeiten des Versicherers in der Uniwagnis-Datei lassen die
Aufklärungsobliegenheit des Versicherungsnehmers unberührt.
Der Versicherer ist bei Verletzung der Obliegenheit durch den
Versicherungsnehmer von der Leistung frei.
Aus den Gründen: (...Nach §7 | Nr. 2 Satz 3 AKB ist der Versicherungsnehmer
verpflichtet, alles zu tun, was zur Aufklärung des Tatbestandes und zur
Minderung des Schadens dienlich sein kann.
Diese Obliegenheit trägt dem Gedanken Rechnung, dass der Versicherer, um
sachgemäße Entschlüsse fassen zu können, sich darauf verlassen können muss,
dass der Versicherungsnehmer von sich aus richtige und lückenlose
Angaben über den Versicherungsfall macht.
Enttäuscht der Versicherungsnehmer dieses Vertrauen, indem er vorsätzlich
Fragen des Versichers nicht oder nicht richtig beantwortet, kann er sich
hinterher nicht darauf berufen, der Versicherer habe den wahren Sachverhalt
noch rechtzeitig erfahren oder sich die erforderlichen Kenntnisse anderweitig
beschaffen können.
Denn Letzteres würde eine Verkennung der Aufklärungsobliegenheit bedeuten;
sie würde in ihr Gegenteil verkehrt und in ein Recht zur Lüge verwandelt
werden, wenn der zur Aufklärung gehaltene Versicherungsnehmer ihre
vorsätzliche Verletzung damit rechtfertigen könnte, dass der Versicherer
in der Lage gewesen sei, die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der
Angaben zu durchschauen.
Daraus folgt auf die hier in Rede stehende Uniwagnis-Datei:
Dass sich aus einer Dateiabfrage für den Versicherer Erkenntnismöglichkeiten
über vom Versicherungsnehmer aufzuklärende Umstände ergeben, lässt die
Aufklärungsobliegenheit des Versicherungsnehmers zunächst und grundsätzlich
unberührt; solche Erkenntnismöglichkeiten lassen das Aufklärungsinteresse
des Versicherers regelmäßig nicht entfallen.
Die Datei ist offenkundig darauf ausgerichtet, Versicherungsbetrug
entgegenzuwirken.
Sie zielt mithin nich darauf, die Aufklärungsobliegenheit des
Versicherungsnehmers zu verkürzen, sondern dient dazu, deren vorsätzliche
Verletzung aufzudecken...).
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BGH
26.01.2005
AZ: IV ZR 239/03
1.) Die Rechtsfolgen einer Obliegenheitsverletzung treten nicht bereits kraft
Gesetzes und ohne weiteres zutun des Versicherers ein.
Die Inanspruchnahme der vertraglich ausbedungenen Leistungsfreiheit hängt
deshalb von einer Entschließung des Versicherers ab, die gegenüber dem
Versicherungsnehmer zu erklären ist.
2.) Aufklärungsobliegenheiten - wie die des §7 | Nr. 2 Satz 3 AKB - dienen
dem Zweck, den Versicherer in die Lage zu versetzen, sachgemäße Entschlüsse
zu fassen.
Fehlt das entsprechende Aufklärungsbedürfnis des Versicherers deshalb, weil
er einen maßgeblichen Umstand bereits kennt, so verletzen unzulängliche
Angaben des Versicherungsnehmers über diesen Umstand keine schutzwürdigen
Interessen des Versicherers und können deshalb die Sanktion der
Leistungsfreiheit des Versicherers nicht rechtfertigen.
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OLG SAARBRÜCKEN
22.03.2006
AZ: 5 U 405/05-40
Verschweigt der Versicherungsnehmer bekannte Vorschäden, dann besteht
Leistungsfreiheit durch den Versicherer.
Aus den Gründen: (...Nach § 7 I Abs. 2 Satz 3 AKB ist der Versicherungsnehmer
verpflichtet, alles zu tun, was zur Aufklärung des Tatbestandes und zur
Minderung des Schadens dienlich sein kann.
Wird diese Obliegenheit in der Fahrzeug- oder Kraftfahrtunfallversicherung
verletzt, so besteht Leistungsfreiheit nach Maßgabe des
§ 6 Abs. 3 VVG (§ 7 V Abs. 4 AKB).
Gegen die ihn treffende Aufklärungsobliegenheit hat der Kläger – mit der
Folge der Leistungsfreiheit der Beklagten – verstoßen.
Indem der Kläger in dem Schadensmeldeformular die Frage nach Beschädigungen
des Fahrzeugs vor dem gemeldeten Versicherungsfall sowie nach Entschädigungsleistungen
verneint und in dem für den Sachverständigen bestimmten Formular die Frage nach
Vorschäden auf Nachfrage ebenfalls verneint hat, hat er objektiv falsche Angaben
gemacht.
Denn das Fahrzeug hatte auf Grund eines Verkehrsunfalls vom 25.10.2002 Beschädigungen
erlitten, die der Kläger gegenüber der Versicherung des Unfallgegners auf Gutachterbasis
abgerechnet hatte.
Ungeachtet des Umstandes, dass die falsche Beantwortung der Fragen in dem für den
Sachverständigen bestimmten Formular nach Art und Anzahl von Vorschäden bereits die
tatbestandlichen Voraussetzungen der Obliegenheitsverletzung erfüllt, hat der Kläger
auch dadurch, dass er die in dem Schadenmeldeformular gestellten "Fragen zum Fahrzeugschaden"
falsch beantwortet hat, eine Obliegenheitsverletzung begangen.
Entgegen seiner Auffassung sind die hier gestellten Fragen nach Beschädigungen vor
dem gemeldeten Versicherungsfall bzw. nach dem Erhalt von Entschädigungsleistungen
von dritter Seite weder irreführend noch missverständlich, sondern zielen eindeutig auf
die Aufklärung von Umständen ab, die für den Versicherungsfall von Bedeutung
sein können.
Dies hat offensichtlich auch der Kläger so verstanden.
Denn er hat die ersten drei Fragen in dieser Rubrik, die Aufklärung über Art und
Umfang sowie die Möglichkeit der Besichtigung des Fahrzeugs verlangen, im Hinblick
auf den Versicherungsfall "Entwendung" offensichtlich nicht für relevant erachtet
und durchgestrichen, die nachfolgenden und insbesondere die in Rede stehenden Fragen
jedoch als erheblich erkannt und - falsch - beantwortet...).
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OLG STUTTGART
24.11.2005
AZ: 7 U 124/05
1.) Bestehen Vorschäden an einem Auto, die bereits etwa zwei Jahre vor
einem neuerlichen Schadensfall repariert und reguliert wurden und hat der
Versicherungsnehmer (VN) die im Versicherungsformular gestellte Frage
nach Vorschäden verneint, so ist die Versicherung nicht zum Ersatz des
Schadens verpflichtet.
Der Einwand, unter Vorschäden nur solche verstanden zu haben, die noch
nicht repariert wurden, ändert nichts daran.
2.) Die Leistungsbefreiung gilt selbst dann, wenn der nicht angegebene
Schaden eine Seite des Fahrzeugs betrifft, der neue Schaden jedoch auf
der anderen Fahrzeugseite entstanden ist und kein Totalschaden vorliegt.
3.) Hat der VN im Zusammenhang mit dem Vorschaden telefonisch beim
Versicherer angefragt, ob seine Kaskoversicherung oder die
Haftpflichtversicherung des Unfallgegners den Schaden regulieren wird, so
liegt keine Kenntnis des Versicherers vor, da mit dem Telefonat kein
Aktenvermerk einhergehen muss.
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OLG KÖLN
22.11.2005
AZ: 9 U 210/04
Sind Fragen in einem Schadensanzeigenformular eines Versicherers derart
unklar formuliert, dass ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer
diese nicht eindeutig verstehen kann, geht dies zu Lasten des Versicherers.
Aus den Gründen: (...Es ist zwar nicht zu verkennen, dass die Beklagte ein
wesentliches Interesse daran hat, auch über Umbauarbeiten in Eigenleistung
unterrichtet zu werden.
Solche können wertbildende Faktoren sein, die sich auf die Höhe der
Versicherungsleistung auswirken.
Die Fragestellungen waren insoweit aber nicht eindeutig.
Die Klägerin hat auch mit der Angabe zur km-Leistung keine nachweisbar
falsche Angabe gemacht.
Sie hat den Austausch des Motors unberücksichtigt gelassen und angegeben,
wie viele Kilometer mit dem Motorrad bis zur Entwendung gefahren wurden.
Diese Angaben können nicht beanstandet werden, weil der Fragebogen der
Beklagten keinerlei Differenzierung vorsieht, ob und inwieweit die
Laufleistung mit einem Austauschmotor zurückgelegt wurde...).
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OLG KÖLN
15.02.2005
AZ: 9 U 19/04
Eine Kaskoversicherung ist nicht an die Aussagen eines Gutachters gebunden, sondern
kann beim Versicherungsnehmer (VN) konkret nach Vorschäden nachfragen.
Das Nichtbeantworten dieser Nachfragen erlaubt die Vermutung, dass der VN nicht
fahrlässig, sondern vorsätzlich seine Pflicht zur Aufklärung verletzt.
Die Obliegenheitsverletzung führt unabhängig von ihren Folgen zur Leistungsfreiheit
der Versicherung.
Aus den Gründen: (...Zwar ist die vorsätzliche Obliegenheitsverletzung des
Klägers folgenlos geblieben.
Die Beklagte ist aber nach der Relevanzrechtsprechung leistungsfrei.
Danach tritt bei vorsätzlichen, aber folgenlosen Obliegenheitsverletzungen
die Leistungsfreiheit dann ein, wenn der Verstoss zum einen generell geeignet war,
die Interessen des Versicherers ernsthaft zu gefährden und zum anderen dem
Versicherungsnehmer ein erhebliches Verschulden zur Last fällt.
Das Unterlassen der Mitteilung war generell geeignet, die Interessen der
Beklagten ernsthaft zu gefährden...).
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OLG STUTTGART
07.07.2005
AZ: 7 U 31/05
Möchte sich der Versicherer auf eine Leistungsfreiheit im Schadensfall wegen
einer vorsätzlichen Obliegenheitsmissachtung des Versicherungsnehmers (VN)
erfolgreich berufen, so muss er den VN bereits im Schadensformular auf die
konkrete Rechtsfolge hinweisen und explizit herausstellen, dass hierzu eine
vorsätzliche Begehungsweise vorliegen muss.
Aus den Gründen: (...Eine Leistungsfreiheit der Versicherung ergibt sich schliesslich
nicht aus einer vorsätzlichen Obliegenheitsverletzung des Klägers.
Dies folgt daraus, dass die Belehrung am Ende des von der Beklagten verwendeten
Schadensanzeige-Formulars nicht den von der Rechtsprechung verlangten Voraussetzungen
genügt.
Erforderlich ist nämlich der Hinweis, dass der Versicherungsschutz nur bei "vorsätzlich"
falschen Angaben zur Versagung des Versicherungsschutzes führen kann, auch wenn dem
Versicherer durch diese Angaben keine Nachteile entstehen...).
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OLG KÖLN
06.07.2004
AZ: 9 U 2/04
1.) Der Versicherungsnehmer (VN) ist verpflichtet, bei der
Schadensanzeige gegenüber dem Versicherer die Vorschäden im
Anzeigeformular komplett und wahrheitsgemäss anzugeben, da diese
für die Schadensermittlung als sachdienlich anzusehen sind.
2.) Dem VN sind diesbezüglich keine Erleichterungen für den
Fall zu gewähren, dass der Versicherer für die
Schadensberechnung ein Gutachten anfordert.
Der Versicherer muss davon ausgehen können, dass der VN seiner
Aufklärungsobliegenheit ordnungsgemäss nachgekommen ist.
3.) Die jeweiligen Punkte in dem Vordruck der Schadensanzeige sind klar
und deutlich ausformuliert und unterscheiden zwischen belassenen und
wiederhergestellten Schäden.
Dadurch kann der VN unmissverständlich sehen, dass er alle Schäden
angeben muss, gleich welcher Höhe.
Aus den Gründen: (...Die Fragen sind selbst für einen Laien,
der keine Erfahrung im Umgang mit Versicherungsangelegenheiten hat,
einfach zu verstehen...).
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OLG CELLE
25.03.2004
AZ: 8 U 225/02
Macht ein Versicherungsnehmer gegenüber der Versicherung im Rahmen der
Schadensanzeige nach dem Diebstahl eines Kfz fehlerhafte Angaben
bzgl. der Autoschlüssel, so wird die Versicherung von der
Leistung frei.
Aus den Gründen: (...Der Kläger war verpflichtet, alle zur
Aufklärung erforderlichen Angaben zu machen und die Beklagte
wahrheitsgemäss und vollständig über solche Umstände
zu unterrichten, die für die für die Feststellung und
Regulierung des Schadens von Bedeutung sind. Der Kläger hat
diese Obliegenheit nach Eintritt des Versicherungsfalls verletzt. Er
hat im Zusatzfragebogen und in der Anzeige gegenüber der Polizei
angegeben, dass nach Verlust eines der beiden vorhanden gewesenen
Schlüssel ein Ersatzschlüssel nach Vorlage des beim Klger
verbliebenen Schlüssels gefertigt worden sei.
Dies ist jedoch unzutreffend.
Der Sachverständige hat überzeugend festgestellt, dass die im
Abtastverfahren gefertigte Kopie nicht vom vorgelegten Schlüssel
des Klägers gefertigt worden sei...).
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OLG NÜRNBERG
16.06.2003
AZ: 8 U 2485/02
1.) Der Versicherungsnehmer einer Fahrzeugversicherung ist gehalten, die
Versicherung umfassend über die Einzelheiten des Versicherungsfalles und
der Schadenshöhe aufzuklären.
2.) Beantwortet der Versicherungsnehmer Fragen der Versicherung hierzu nicht
oder nicht richtig, so kann er sich nicht darauf berufen, dass die Versicherung
den wahren Sachverhalt von dritter Seite noch zeitig genug erfahren habe,
ebenso wenig, dass sich die Versicherung die erforderlichen Informationen
anderweitig habe beschaffen können.
3.) Die unrichtige Beantwortung der Frage nach reparierten oder unreparierten
Vorschäden des Kraftfahrzeugs ist generell geeignet, die Interessen des
Versicherers ernsthaft zu gefährden.
4.) Gibt der Versicherte auf Nachfrage der Versicherung lediglich an, er könne
über eventuelle reparierte Vorschäden des Kraftfahrzeugs keine verbindliche
Auskunft gegeben, so ist diese Angabe unwahr, wenn dem Versicherten bei Erwerb
des Kraftfahrzeugs der Hinweis erteilt worden war, dass dieses einen Unfallschaden
gehabt habe.
Die Versicherung ist in einem solchen Fall nicht verpflichtet, den Fahrzeugschaden
zu erstatten.
Aus den Gründen: (...Der Kläger hat die vorbezeichnete Aufklärungsobliegenheit
vorsätzlich verletzt.
Darüberhinaus wusste der Kläger, wie er bei seiner Anhörung vor dem Landgericht
eingeräumt hat, aufgrund mündlicher Mitteilung seitens der Firma Z, dass der
Unfall die Fahrzeugfront betroffen hatte und jedenfalls Motorhaube,
(mindestens ein) Kotflügel und (mindestens ein) Scheinwerfer in Mitleidenschaft
gezogen worden waren, es sich also nicht um ein ganz unbedeutendes Schadensereignis
gehandelt haben konnte.
Diese Kenntnis hatte der Kläger der Beklagten zu offenbaren...).
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LG KÖLN
12.01.2006
AZ: 24 O 189/05
Der Umstand, dass ein Versicherungsnehmer (VN) in der Schadensanzeige
die Vorschäden am Fahrzeug deshalb nicht abgibt, weil er davon ausgeht,
der Versicherer sei über die Vorschäden aufgrund zurückliegender
Meldung des VN bereits über die Schäden in Kenntnis gesetzt worden,
führt zu einer Verletzung der Aufklärungspflicht des VN.
Durch das BGH-Urteil vom 26.01.2005 (Az.IV ZR 239/03) ergibt sich nichts
anderes.
Aus den Gründen: (...Gerade im Massengeschäft der Kaskoversicherung hat
der Versicherer ein massgebliches Interesse, sich auf zuverlässige
Angaben des VN verlassen zu können, um mit geringem Aufwand und Kosten
Schadensfälle abwickeln zu können.
Nur dann, wenn sich der VN auf die zurückliegende Schadensmeldung und
Regulierung bezieht, was der Kläger hier gerade nicht gemacht hat,
wird man vom Versicherer verlangen können, dass er Datenbestände abruft,
um sich eine umfassende Kenntnis von Vorschäden zu beschaffen...).
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LG DÜSSELDORF
08.04.2005
AZ: 11 O 464/04
1.) Das Verschweigen von Vorschäden an dem versicherten Fahrzeug bei
einer Schadensmeldung stellt eine Verletzung der Aufklärungspflicht
seitens des Versicherungsnehmers (VN) i.S.v. § 6 III VVG dar.
2.) Um die Befreiung der Versicherung von der Leistungspflicht zu
verhindern, muss der VN beweisen, dass er nicht vorsätzlich oder
fahrlässig gehandelt hat.
3.) Die Versicherung ist nicht gehalten, sich bei einer
Vorgänger-Versicherung nach Vorschäden zu erkundigen.
Aus den Gründen: (...Der Kläger hatte keinen konkreten Anlass
anzunehmen, die Beklagte werde sich mit der Vorversicherung in
Verbindung setzen.
Selbst wenn die Beklagte dies getan hätte, wäre die Obliegenheit zur
richtigen Beantwortung der Fragen nach Vorschäden nicht entfallen.
Auch unter dem Gesichtspunkt der Relevanz ergibt sich keine andere Beurteilung.
Es kann dahinstehen, ob die Obliegenheitsverletzung folgenlos geblieben ist.
Falsche Angaben sind generell geeignet, die Interessen des Versicherers
zu gefährden...).
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LG POTSDAM
26.01.2005
AZ: 4 O 594/04
1.) Verschweigt ein Versicherungsnehmer (VN) gegenüber seiner Versicherung,
dass er ein für den Strassenverkehr umgerüstetes Wettbewerbsmodell eines
Motorrades verwendet, das über kein Zünd- oder Sicherheitsschloss verfügt,
ist die Versicherung bei einem Diebstahl des Motorrades von der Leistung befreit.
2.) Wird ein solches Motorrad zumindest zur Vorbereitung von Rennveranstaltungen
zu Trainingszwecken eingesetzt und zu diesem Zweck hervorstehende Teile wie die
Beleuchtung abmontiert und die Reifen vorgeheizt, ist der VN verpflichtet, dies
gegenüber der Versicherung anzugeben, da das Motorrad dann als Wettbewerbsmodell gilt.
3.) Das Abstellen eines ungenügend gesicherten Fahrzeuges auf öffentlichen Parkplätzen
ist als risikoerhöhend anzusehen.
Aus den Gründen: (...Bei diesen Fahrten ging es nicht um das Zurücklegen einer Distanz,
um von einem Ort zu einem anderen zu kommen, sondern um die Benutzung des Motorrads
unter wettbewerbsähnlichen Bedingungen...).
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